Historie
Die Theologische Hochschule Friedensau blickt auf eine über einhundertjährige Tradition zurück.
Bildungsstandort ist Friedensau seit 1899. Am 19. November 1899 nahm die Vorgängereinrichtung der Hochschule, die »Industrie- und Missionsschule«, ihre Tätigkeit mit zunächst sieben Schülern in sehr einfachen Verhältnissen auf. Genutzt wurden die Gebäude einer alten Klappermühle an der Ihle, die erstmals 1306 erwähnt wurde.
Innerhalb der nächsten zehn Jahre entstand ein Ensemble von großen Lehr- und Wohngebäuden, die bis heute das Erscheinungsbild des Campus prägen. Ausgehend von einem ganzheitlichen Pädagogikmodell wurden zusätzlich ein Sanatorium, Werkstätten und eine Nährmittelfabrik erbaut, die auch einen praktischen Unterricht und gleichzeitig Verdienstmöglichkeiten boten. Vor dem Ersten Weltkrieg nutzten jedes Jahr bis zu 250 Personen die Ausbildungsmöglichkeiten.
Im Ersten Weltkrieg richtete das Kriegsministerium in den Gebäuden ein Lazarett ein. Erst 1919 konnte die Ausbildung wieder aufgenommen und in den Folgejahren mit neuen Lehrgängen erweitert werden (Hauswirtschaftsschule, Krankenpflege-Vorschule, Reallehrgang, kaufmännischer und Kinderpflegelehrgang). Die Einrichtung wurde 1923 in »Missionsseminar Friedensau« umbenannt. Für den hauswirtschaftlichen und kaufmännischen Kurs erhielt das Seminar 1930 die staatliche Anerkennung durch den Magdeburger Regierungspräsidenten.
Die Zeit des Nationalsozialismus brachte viele Einschränkungen bis hin zur erneuten Schließung des Seminars im Zweiten Weltkrieg. Wieder dienten die Lehrgebäude der Pflege verwundeter und kranker Soldaten, zuerst der Wehrmacht und ab 1945 der Sowjetarmee.
Durch Fürsprache des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Erhard Hübener, gestattete die Sowjetische Militäradministration 1947 die Wiedereröffnung. Damit war das Friedensauer Seminar die erste und einzige kirchliche Ausbildungsstätte, die in der Sowjetischen Besatzungszone ihren Lehrbetrieb wieder aufnehmen durfte.
Während der DDR-Zeit gestattete die SED-Regierung nur die Ausbildung von kirchlichen Mitarbeitern. Neben der Ausbildung von Pastoren bestanden einjährige Diakonlehrgänge. Anspruch und Qualität der Ausbildung führten 1981 zur Umbenennung in »Theologisches Seminar Friedensau«. Zwei Jahre später akkreditierte die Generalkonferenz der Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten das Seminar als Senior College. Seit den 1980er Jahren war es möglich, Studierende aus anderen sozialistischen Staaten Osteuropas und Afrikas in Friedensau als Pastoren auszubilden.
Am 15. September 1990 erhielt das Theologische Seminar auf Beschluss des Ministerrates der DDR den Status einer staatlich anerkannten Hochschule. Anschließend wurde neben dem Fachbereich Theologie, der seit 1992 einen Diplom- und einen Magisterstudiengang Theologie anbietet, ein Fachbereich Christliches Sozialwesen aufgebaut.
Heute vergibt die Theologische Hochschule Friedensau als wissenschaftliche Hochschule in kirchlicher Trägerschaft universitäre Studienabschlüsse. Friedensau ist ein etablierter Wissenschaftsort und durch Forschungskooperationen mit Einrichtungen auf mehreren Kontinenten verbunden.