Der erste Tag
06. Okt.. 2020 / Campusleben / Events
Montagmorgen, 7:30 Uhr, strömender Regen, Friedensau. Ich laufe zum Fenster, weil ich von draußen meinen Namen gehört habe. In der Morgendämmerung stehen vier dunkle Gestalten vor meinem Haus und warten darauf, dass ich zu ihnen herunterkomme. Ich putze mir schnell die Zähne zu Ende, ziehe meine Schuhe an und werfe mir eine Regenjacke über. Als ich aus der Tür trete, sehe ich in kapuzenverdeckte Gesichter, zwei davon sind mir vertraut, die anderen zwei nicht. Ich stelle mich kurz vor und bedanke mich, dass die vier im Regen auf mich gewartet haben. Dann geht‘s im Laufschritt zum gegenüberliegenden Mensagebäude. Im Trockenen angekommen, habe ich Gelegenheit, mir die zwei neuen Gesichter und die dazugehörigen Namen einzuprägen; sie studieren ab diesem Semester Soziale Arbeit. „Cool“, denke ich, und schließe sie auf Anhieb in mein Herz.
Wir betreten die Mensa, die mit einem besonderen „Continental Breakfast“ zum Semesterbeginn geworben hat. Außer uns ist noch kein anderer da, natürlich nicht – warum sollte man auch um 7:30 Uhr beim Frühstück erscheinen, wenn man locker ‘ne Stunde später kommen kann? Wir bedienen uns an der Theke und stellen Köstlichkeiten wie, Bircher Müsli, Couscouscreme, Pancakes und gebackenen Toast auf unsere Tabletts. Auch die afrikanischen Muffins, wollen wir probieren (sie schmecken wie Omeletts in Muffin-Form). Nach einiger Zeit füllt sich die Mensa immer mehr. Leider kann ich nicht länger bleiben – am ersten Arbeitstag nach meiner Sommerpause wäre es wohl etwas ungünstig, zu spät zu kommen. Ich laufe die Treppe zu meinem Büro hoch und begrüße die Kolleginnen. Ein paar Minuten später merke ich, dass ich schon wieder mitten im Arbeitsalltag angekommen bin. Gemeinsam bereiten wir die letzten Dinge für die Semestereröffnung vor, haben eine kurze Morgenandacht und machen uns dann auf den Weg in die Kapelle.
9:00 Uhr, Eröffnungsveranstaltung, Kapelle Friedensau. Eine angenehme Spannung liegt in der Luft. Ich freue mich, den Raum so gefüllt zu sehen. Langsam wird es schwierig, die Sitzplätze mit genügend Abstand zum Sitznachbarn zu verteilen, und die ersten müssen auf die Plätze auf der Empore ausweichen, um den Sicherheitsverordnungen hinreichend nachzukommen. Roland Fischer, der Rektor der Hochschule, begrüßt die neuen Studierenden und 1Year4Jesus-Teilnehmer. Er heißt sie an unserer Hochschule willkommen und stellt ihnen die Dozenten und Ansprechpartner auf dem Campus vor. Ich habe mein Handy bereit, um ein paar Stories für Social Media aufzunehmen. Am Ende wird ein Gruppenbild gemacht. Die Erstsemester stehen mit ihren Masken nebeneinander, und das traditionelle „Bitte lächeln“ klingt irgendwie ein bisschen komisch. Dieses Jahr ist eben etwas ganz Besonderes …
Nachdem sich die Studierenden offiziell eingeschrieben haben, kommen sie zu unserer Abteilung, um Datenschutzerklärungen und Fragebögen auszufüllen. In meinem Büro dürfen sie sich dann ein Friedensau-T-Shirt als kleines Willkommensgeschenk abholen. Nachdem der erste „Ansturm“ abgeklungen ist, ist schon fast wieder Mittagszeit. In der Mensa treffe ich auf die Vier vom Frühstück und lerne ein nettes Pärchen mit Baby kennen, das mit ihnen am Tisch sitzt. Der Vater des Kindes wird dieses Semester seinen Master in Friedensau beginnen; seine Frau und das Baby haben ihn hierher begleitet. Ich versuche mir ihre Namen einzuprägen und freue mich, wieder neue Leute kennengelernt zu haben.
18:30 Uhr, Welcome-Dinner, Kulturscheune Friedensau. Ich bin ein paar Minuten zu früh und treffe vor der Scheune auf eine neue Studentin. Sie kommt wie ich aus NRW und erzählt mir, dass sie glücklich ist, in Friedensau zu sein, weil sie sich umgeben von Wald und Natur super wohl fühlt. „Na, dann bist du hier wirklich genau richtig!“, sage ich, und wir gehen gemeinsam in die Scheune. Uns werden Tische zugewiesen, und ich genieße einen Augenblick des Durchatmens, bevor meine anderen Tischnachbarn eintreffen und die Veranstaltung beginnt. Ich fange ein paar Momente mit der Kamera ein, lausche der Ansprache, dem Musikstück und freue mich auf das gute Essen. An meinem Tisch sitzt ein alter Bekannter (auch aus NRW), der sich kurzfristig dazu entschlossen hat, in Friedensau zu studieren. Meine andere Sitznachbarin ist aus dem neuen 1Year4Jesus-Team. Wir haben gute Gespräche, und ich sehe, dass sich auch an den anderen Tischen die Erstsemester mit den Dozenten, Mitarbeitern und 1Year4Jesus-Teilnehmern vernetzen. Mir gefällt das Konzept des Welcome-Dinners und die durchmischten Tischanordnungen, die einen dazu animieren, neue Bekanntschaften zu schließen. Es ist ein nettes Beisammensein – perfekt, um den ersten Tag des Semesters ausklingen zu lassen.
Ich muss gähnen, schaue auf die Uhr und sehe, dass die Stunden schneller als gedacht verstrichen sind. Es ist Zeit, nach Hause zu gehen. Ich verabschiede mich von den letzten Gästen und mache mich zufrieden auf den Heimweg. Zuhause angekommen, merke ich, wie müde ich tatsächlich bin. Vor meinem inneren Auge lasse ich die Eindrücke des ersten Tages im neuen Semester Revue passieren, kuschle mich in meine Bettdecke und warte, bis ich im Land der Träume angekommen bin …
Maike Haase